Elektromobilität in Gelsenkirchen

Nachlese: Informationsveranstaltung „Automobil ohne Fossil - Elektromobilität in Gelsenkirchen“ am 14. Juni 2018
Warum Staat, Energie- und Autoindustrie die E-Mobilität nicht wollen 

Ein interessantes Thema für mich als Besitzer eines Elektroautos! Leider bestätigten die Referenten dieses Treffens einmal mehr, dass weder Staat, noch Energie-, noch Autoindustrie die E-Mobilität wirklich wollen.

Seit drei Jahren besitze ich ein sehr leises und sehr schnelles amerikanisches Elektroauto (Tesla Model S). Die beiden Elektromotoren erzeugen keine Drehmomentkurve, sondern eine Drehmomentlinie: ab der 1. Millisekunde liegen 660 Newtonmeter an. Mein Auto hat zwei Kofferräume. Im hinteren sind sogar zwei Sitze für Kinder unter 145 cm installiert. Es muss niemals zur Inspektion. Zu inspizierende Aggregate wie Verbrennungsmotor, Kupplung, Getriebe, Kardanwelle, Anlasser, Lichtmaschine und Auspuffanlage hat mein Auto nämlich nicht. Und auch sonst wird es die Werkstatt selten sehen. Was sollte auch kaputtgehen? Die Elektromotoren halten weit über 1 Million Kilometer, die Bremsscheiben und -beläge dank Rekuperation (Motorbremsung zur Energierückgewinnung) bis zu 200.000 km. Mein Auto wiegt wesentlich weniger als ein SUV der Oberklasse, obwohl es reichlich mit Batterien für eine Reichweite von über 500 km bestückt ist.

Woher bekommt mein Auto seinen „Treibstoff“?
Obwohl ich im Besitz diverse Karten wie „newmotion“ bin, auf meinem Smartphone Apps wie „E-Tankstellen“, „E-Ladestellen“ und „e-kWh“ installiert sind, und sich im Kofferraum Aufladekabel mit diversen Steckertypen befinden, ist es mir in meiner Heimatstadt Gelsenkirchen und Umgebung bisher kein einziges Mal gelungen, an einer der wenigen öffentlichen Ladesäulen Strom zu tanken.

Entweder waren meine Karten und Apps mit den Anforderungen der Strom-Anbieter nicht kompatibel, oder die Parkplätze waren besetzt mit Verbrennern oder auch Elektroautos, die vermutlich schon seit Stunden aufgeladen waren.

Ich habe es mittlerweile aufgegeben, nach Möglichkeiten zu suchen, mein Elektroauto an einer öffentlichen Ladesäule aufzuladen. Lediglich die in Bochumer Parkhäusern von den Stadtwerken Bochum angebotenen kostenlosen Ladesäulen habe ich einige Male genutzt.

Wo lade ich also auf? Innerhalb weniger Minuten während einer Kaffeepause an den von Tesla an Autobahnraststätten betriebenen Schnellladestationen (kostenlos) oder über Nacht in meiner Garage am 220 V-Haushaltsstrom (kostet 4,50 € für 100 km Fahrt).

Die Informationsveranstaltung „Automobil ohne Fossil - Elektromobilität in Gelsenkirchen“ hat leider die wichtigsten Fragen nicht beantwortet:


Die sehr ausweichenden Antworten stempeln die Referenten dieses Tages (Prof. Dr. Markus Löffler vom Westfälischen Energieinstitut, Dr. Bernd-Josef Brunsbach von der Emscher Lippe Energie GmbH und Maximilian von Wiedersperg von BMW) zu Lügnern.
Ihr lebhaftes Interesse an der Elektromobilität ist offensichtlich geheuchelt.
Ehrliche Antworten hätten bestätigt: Staat, Energie- und Autoindustrie wollen die E-Mobilität nicht wirklich, weil damit keine Steuern und keine großen Gewinne zu machen sind. Entwicklungen in Richtung E-Mobilität werden gebremst. Jedes Mittel ist recht.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
Ein Verbrennungsantrieb besteht aus mind. 2.000 Teilen, ein Elektroantrieb nur aus 200. Beim Elektroauto geht der Wartungsaufwand gegen Null. Werkstätten wären weitgehendst überflüssig. Der größte Teil der Technik würde nicht mehr gebraucht, an Ersatzteilen würde nicht mehr viel verdient, Patente würden wertlos. Die Hersteller verkämen zu reinen Karosseriebauern, weil sie E-Motoren und Akkus nicht selbst herstellen. Der Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors liegt bei 30 - 40 %, der eines Elektromotors jedoch bei über 90 %.
Die Energiewende ist zwar überfällig, doch das geringe Tempo, mit dem diese in Angriff genommen wird, ist verständlich, wenn man die Machtverhältnisse berücksichtigt:
Die Lobby für Umwelt und Gesundheit ist chancenlos gegen die übermächtige Öl-, Gas-, Kohle-, Atom- und Autoindustrie. Einzelne Personen und Konzerne profitieren davon, dass wir uns weiterhin in Abhängigkeit von fossilen Energieträgern befinden, und solange Öl und Gewinne sprudeln, wird sich daran wenig ändern.

Siehe auch: Die wahren Hürden der Elektromobilität

Manfred Tuppek, 12.07.2018