Früherkennung des kolorektalen Karzinoms und Differenzialdiagnose Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Die frühzeitige Diagnose des Dickdarmkrebses bedeutet: Heilungschance fast 100 %. Betroffen sind überwiegend Personen zwischen 50 und 70 Jahren. Die Koloskopie ist zwar die sicherste Methode zum Nachweis von Darmkrebs und seinen Vorstufen, ist jedoch nicht ungefährlich, und viele Patienten scheuen den Eingriff. Der früher übliche "Blut-im-Stuhl-Test" detektiert nicht sichtbares Blut im Stuhl, welches von Darmtumoren, allerdings auch von Mikroblutungen an Darmpolypen oder von inneren Hämorrhoiden stammen kann. Die geringe Sensitivität und Beeinflussbarkeit durch diverse Nahrungsmittel markieren deutlich die Grenzen des Tests.

Tumore im Darm bluten häufig. Auch Darmpolypen bluten manchmal. Das Blut wird oft mit dem Stuhl ausgeschieden. Meist ist die Menge aber so gering, dass man es mit bloßem Auge nicht erkennt. Dieses nicht sichtbare (okkulte) Blut im Stuhl kann man mit Stuhltests nachweisen. Bis März 2017 sind Tests in Gebrauch, die das Blut mit einer biochemischen Methode nachweisen. Man bezeichnet sie als Guajak-Test oder guajakbasierten fäkalen Okkultbluttest (gFOBT). Ab dem 1. April 2017 können Versicherte neuere Stuhltestverfahren in Anspruch nehmen: Die sogenannten immunologischen Stuhltests weisen Blut im Stuhl mithilfe von Antikörpern nach. Diese binden spezifisch an den Blutfarbstoff Hämoglobin. Ein Vorteil dieser Tests: Sie weisen tatsächlich nur menschliches Blut nach und sind deshalb weniger störanfällig - zum Beispiel durch rohes oder nicht durchgebratenes rotes Fleisch, das man vorher gegessen hat. Diese neuen Verfahren bezeichnet man fachsprachlich als immunologische fäkale Okkultbluttests (iFOBT), manchmal auch als fäkale immunchemische Tests (FIT). Quelle: krebsinformationsdienst.de

Wir stellen uns die Frage, ob die Notwendigkeit einer Koloskopie nicht im Vorfeld mit modernen immunologischen und enzymatischen Testsystemen, die dem Test auf okkultes Blut in Stuhl deutlich überlegen sind, abgeklärt werden kann.

Die Stuhlanalysen Tumor-M2-PK, Hb/Hp-Komplex und Calprotectin sowie das Beta-Defensin haben auch Bedeutung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa und Morbus Crohn).

Tumor-M2-PK
Beim Darmkrebs finden sich im menschlichen Stuhl Zellen, welche die dimere Form der Pyruvat-Kinase (= M2-PK, ein Enzym) enthalten. Da auch Polypen, akute und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn die Pyruvat-Kinase erhöhen, handelt es sich jedoch nicht um einen reinen Tumormarker.

Hb/Hp-Komplex (Hämoglobin und Hämoglobin/Haptoglobin-Komplex)
Durch die Verwendung von mono- und polyklonalen Antikörpern weist dieser Doppeltest ausschließlich humanes Hämoglobin und den humanen Hämoglobin/Haptoglobin-Komplex nach. Das humane Hämoglobin wird in 100-fach niedrigerer Konzentration als bei biochemischen Methoden erkannt. Der Komplex ist relativ stabil gegenüber Säuren und proteolytischem Abbau, sodass er auch nach längeren Darmpassagen nachweisbar ist und auch höher gelegene Polypen oder Karzinome erfasst. Bei positivem Hb/Hp-Komplex besteht ein Verdacht auf kolorektales Karzinom. Aber auch hier handelt es sich nicht um einen reinen Tumornachweis. Positive Ergebnisse können ebenso Hinweis sein auf Adenome und Polypen des Kolorektums, die Folge von Mikroblutungen im oberen Gastrointestinaltrakt, der Einnahme von ASS oder anderen NSAR sowie von Blutungen anderer Ursache im Gastrointestinaltrakt (Parodontitis, Hämorrhoiden).

Calprotectin
empfiehlt sich bei Verdacht auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Es ist ein Protein, das bei diesen Erkrankungen vermehrt durch die Darmwand ausgeschieden wird. Normalwerte finden sich bei Gesunden und bei Menschen mit funktionellen Darmproblemen wie dem Reizdarmsyndrom, mäßig erhöhte Werte sind bei Tumoren sowie Infekten nachweisbar, stark erhöhte Werte dagegen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Calprotectin dient daher bei chronischen Darmbeschwerden zur Unterscheidung einer entzündlichen, tumorösen von einer funktionellen Ursache. Es eignet sich als Frühmarker und Aktivitätsmarker bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen als Therapiemonitoring.

Diese drei Analysen sind Bestandteil des BIO-LABOR Tumormarker-Profils TM 9: Kolon, Rektum.

Möglichkeiten weiterer Abklärung bei Verdacht auf kolorektales Karzinom
Blutanalyse: BIO-LABOR Basisuntersuchung + Tumormarker-Profil TM 1: Magen, Darm (enthält die Tumormarker CEA, CA 19-9 und CA 72-4).
Klinik: Gastroenterologische Stufendiagnostik inklusive Koloskopie.

Ein weiterer Aktivitätsmarker der Stuhlanalytik ist das
Beta-Defensin bei Verdacht auf Schwäche des darmassoziierten Immunsystems, Leaky-Gut-Syndrom und Morbus Crohn
Die Defensine als Bestandteil des angeborenen Immunsystems besitzen ein breites antimikrobielles Wirkungsspektrum gegenüber Protozoen (Lamblien), Pilze (Candida), Viren (Herpes) und Bakterien (E. coli, Salmonellen, Chlamydien u. a.). Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, besonders bei Morbus Crohn, könnte eine mangelnde Expression von Defensinen ursächlich für die Pathogenese dieser Erkrankung sein. In der intestinalen Mucosa von M. Crohn-Patienten beobachtet man häufig eine große Keimbelastung potentiell pathogener Erreger in den entzündlich veränderten Schleimhautarealen, die mit einem Mangel oder Fehlen bestimmter Beta-Defensine einhergehen. Dies hat zur Folge, dass die Barrierefunktion der Schleimhäute geschwächt und der Invasion von Keimen Tür und Tor geöffnet ist. M. Crohn wäre demnach ein Defensin-Mangelsyndrom. Bei Colitis ulcerosa konnte bisher kein Defensinmangel nachgewiesen werden. Erniedrigte Beta-Defensin-Werte weisen somit auf eine Permeabilitätsstörung (Leaky-Gut-Syndrom, M. Crohn) hin, erhöhte Werte dagegen auf lokale Entzündungen der Darmmukosa.

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist demnach die Konstellation erhöhtes Calprotectin und erhöhtes Beta-Defensin eher Hinweis auf Colitis ulcerosa, erhöhtes Calprotectin, jedoch vermindertes Beta-Defensin Hinweis auf Morbus Crohn.