Klebereiweiß-Unverträglichkeit - Glutensensitive Enteropathie - Zöliakie - einheimische Sprue

Die Zöliakie ist eine immunologische Erkrankung des Darmes ungeklärter Ursache, die durch das in Getreide enthaltene Protein Gluten (Klebereiweiß) ausgelöst wird. Bei entsprechender genetischer Veranlagung führt die Aufnahme von glutenhaltigen Lebensmitteln zu Unverträglichkeitsreaktionen der Dünndarmschleimhaut gegenüber Gluten mit chronischer Entzündung und Atrophie der Dünndarmzotten.
Eine echte Zöliakie kommt jedoch so selten vor, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen einen solchen Fall nie zu Gesicht bekommen.

25 % der Deutschen meiden manche Lebensmittel, weil sie bestimmte Inhaltsstoffe nach eigener Aussage nicht vertragen. Viele Laien interpretieren die Symptome jedoch falsch. Tatsächlich schätzen Experten die Häufigkeit von Unverträglichkeiten anders ein:
33 % Fructoseintoleranz, 15 % Laktoseintoleranz, 3 % Histaminintoleranz - und nur 0,2 % Glutenintoleranz (Zöliakie).
Weltweit wird sogar eine durchschnittliche Prävalenz (Häufigkeit) der Zöliakie von nur einem von 3.350 Menschen angegeben (= 0,03 %)!

Zwei Bücher geben der Volksbewegung gegen das Gluten ihr Programm. Beide, obwohl unverkennbar irre, wurden auch in ihren deutschen Ausgaben zu Bestsellern. Es handelt sich um die Bücher "Weizenwampe: Warum Weizen dick und krank macht" von dem Kardiologen Dr. med. William Davis und "Dumm wie Brot: Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört" von dem Neurologen Dr. David Perlmutter.

Die Bedeutung und Häufigkeit der Glutenintoleranz wird ähnlich wie die Häufigkeit der Laktoseintoleranz vielfach übertrieben dargestellt.
Ich erinnere nur daran, wie wir früher (in der "Vor-Laktose-Hysterie-Zeit") mit Erfolg Edelweiss® Milchzucker in großen Mengen als verdauungsförderndes Mittel verordnet haben. Niemand hat von Unverträglichkeiten berichtet!
Oft habe ich erlebt, dass Patienten die Eigendiagnose Klebereiweißunverträglichkeit gestellt haben, weil es ihnen seit dem Weglassen von Getreideprodukten subjektiv besser ging - was ich überhaupt nicht in Frage stelle! Das hatte jedoch offensichtlich nichts mit dem Klebereiweiß zu tun, weil sie wiederum Seitan (reines Gluten) als Fleischersatz gut vertrugen.

Seitdem das Thema Zöliakie in den Medien übertrieben publiziert wird, sind die Laboranforderungen bezüglich Bluttestung der Transglutaminase-Antikörper, Desaminierte Gliadin IgG- und IgA-Antikörper und RAST-Test gegen Gliadin sowie Stuhltest Anti-Gliadin-AK sprunghaft gestiegen. Bisher haben wir jedoch in weniger als einem Prozent der Fälle - obwohl immer eine Verdachtsdiagnose gestellt war - einen positiven Befund erhoben.

Viele Patientinnen und Patienten sind hypochondrisch veranlagt und glauben alles, was die (pseudo)medizinische Presse verbreitet.
Angesichts einer Glutenphobie ist es durchaus vorstellbar, dass Reizdarmpatienten ihre Beschwerden irrtümlich so deuten oder Noceboeffekte erleben. Der Noceboeffekt entfaltet seine Wirkung, wenn der Patient davon überzeugt ist, dass bestimmte Nahrungsmittel sich schädlich auf die Gesundheit auswirken. Als Folge davon wird er tatsächlich krank!
Unterstützung erhalten solche Patienten von ebenso hypochondrisch veranlagten HeilpraktikerInnen, die über wenig medizinisches Grundwissen verfügen, aber insbesondere für pseudowissenschaftliche Außenseiteransichten (Hauptsache neu, reißerisch und konträr zur offiziellen Wissenschaftsmeinung) empfänglich sind. Sie übernehmen diese Ansichten ungeprüft und ungefiltert und zeigen keine Bereitschaft für kontroverse Diskussionen.
In diesem Zusammenhang stelle ich die Frage: Wie viel Respekt und Wertschätzung für seine Befürchtungen und Ängste bringe ich einem Menschen entgegen, wenn ich ihm durch nichts bestätigte Verdachtsdiagnosen an den Kopf werfe und mit Vorannahmen über seine Krankheiten entgegentrete? Bei einem Patienten, dessen seelische Tragfähigkeit möglicherweise ohnehin geschwächt ist, können unbegründete negative Bewertungen seine Gesundheit betreffend zu weiterer Verunsicherung führen.
Aber wahrscheinlich will man genau das erreichen, um eine lukrative Patientenbindung zu schaffen!? Erfahrungsgemäß ist das langfristig keine gute Strategie und darüber hinaus menschlich verwerflich! Schwerwiegender ist, dass die gesamte Heilpraktikerschaft durch solche Praktiken einen immens hohen Imageverlust erleidet und immer weiter in die Hobby-Mediziner- und Wellness-Sparte gedrängt wird. Kein Wunder, dass das Vertrauen in die Fähigkeiten der HeilpraktikerInnen und das Bewusstsein der Notwendigkeit des Heilpraktikerberufs im Laufe der letzten zwanzig Jahre stetig gesunken ist. Es gibt zwar immer mehr HeilpraktikerInnen; diese werden aber dem Anspruch des Berufes in seiner ursprünglichen medizinischen Bedeutung immer weniger gerecht.

Bereits vor 30 Jahren publizierte Dr. Hans Bräuer vom Medical Service München: "Der liebe Gott hätte dem Menschen spitzere Münder verpasst, wenn er gewollt hätte, dass wir Getreidekörner essen". Natürlich gibt es Unverträglichkeiten gegen Getreide, insbesondere dem "Kunstgetreide" Weizen, wie auch gegen Industriezucker, was schlicht und einfach damit zu tun hat, dass diese Substanzen nicht zur arteigenen Ernährung des Urmenschen zählen - und unsere Genetik stimmt mit der des Urmenschen trotz Evolution immer noch zu über 94 % überein! Darüber hinaus enthält die "moderne" Nahrung ein absolutes Zuviel an Getreide-, insbesondere Weizenprodukten (Brot, Brötchen, Kuchen, Gebäck, Nudeln und Pizza). Bei den meisten Getreideprodukten handelt es sich jedoch - genau wie Zucker - um isolierte Kohlenhydrate, die im Darm alkoholtoxische Gärung verursachen und zu einer Gewebsübersäuerung führen.

Eine gewisse Glutenunverträglichkeit ist also durchaus physiologisch und hat mit Kranksein nichts zu tun!
In solchen Fällen ungeprüft von der sehr selten Autoimmunkrankheit Zöliakie auszugehen ist natürlich genau so blödsinnig, wie einem Betrunkenen eine krankhafte Alkoholintoleranz zu attestieren. Eine Reduzierung isolierter Kohlenhydrate, insbesondere glutenhaltiger Getreideprodukte, wie auch alkoholhaltiger Getränke bringt immer einen gesundheitlichen Gewinn!

Bei berechtigtem Verdacht auf Zöliakie empfehlen wir folgende Ausschlussdiagnostik
Stuhl: Anti-Gliadin-AK
Serum: Transglutaminase AK, Desaminierte Gliadin IgG-AK und IgA-AK
Beachte: Unter glutenfreier Diät ist die Blutanalyse der Stuhldiagnostik vorzuziehen!
Weitere Stuhlanalysen zur Erhöhung der Therapiesicherheit:
Pilzdiagnostik/Dysbiose und Bestimmung der Aktivitätsmarker der Darmmukosa Alpha-1-Antitrypsin, Sekretorisches IgA, Beta-Defensin und Calprotectin.

Bei tatsächlich nachgewiesener Zöliakie gilt
Glutenfreie Kost, zu Beginn auch lactosefrei. Meiden aller Lebensmittel, die glutenhaltiges Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern, Hafer, Kamut und Einkorn oder deren Bestandteile enthalten. Ersatz durch glutenfreie Körnerfrüchte wie Buchweizen, Hirse, Quinoa, Reis, Mais, Amarant und Teff. Eine Ernährungsberatung ist dringend empfohlen. Weitere Infos unter www.dzg-online.de

Therapeutisch haben sich pflanzliche Enzyme aus Aspergillus oryzae bewährt, enthalten in Basis-enzym Tabletten (SYNOMED) 60 Tbl. (PZN 4991944) bzw. 120 Tbl. (PZN 4991950): 2 x täglich (mittags und abends) je 2 Tabletten ca. ½ Stunde vor dem Essen mit Flüssigkeit einnehmen.

Weitere Informationen zur Diagnose der Gluten-/Weizensensitivität finden Sie auf der Website
http://www.drschaer-institute.com/de/gluten-weizensensitivitaet/diagnose

Die Weizenwampe ist ein Ernährungsmärchen. http://www.food-monitor.de/2016/05/die-weizenwampe-ist-ein-ernaehrungsmaerchen

In der Glutenfrei-Falle - Viele Menschen kaufen ohne Not teure glutenfreie Produkte. Haben sie irgendeinen Vorteil von der Nahrungsumstellung?
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ernaehrung-in-der-glutenfrei-falle

Ist "Urgetreide" bekömmlicher als Weizen? Brotsorten aus "Urgetreide" wie Dinkel und Einkorn liegen im Trend, angeblich sind sie besser für die Verdauung. Was ist dran an der Behauptung?
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/mythos-des-monats-ist-urgetreide-bekoemmlicher-als-weizen

Weißbrot ist besser als sein Ruf - In einem Experiment haben israelische Forscher überprüft, wie der Körper auf unterschiedliche Arten von Brot reagiert. Sie fanden keine wesentlichen Unterschiede bei den Effekten von Weißbrot und Vollkornbrot auf die Gesundheit.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ernaehrung-weissbrot-ist-besser-als-sein-ruf

Die Gluten-Lactose-Erdnuss-Verschwörung http://news.doccheck.com/de/newsletter